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Mein Weg ist das Ziel

Kiwi-Land

Tag 16 (11.05.2010) – Rotorua

Dünstiger Gestank nach faulen Eiern macht sich schon wieder im Camper breit und panisch schauen wir erst mal nach hinten… aber wir sind es diesmal glücklicherweise nicht, sondern Rotorua stinkt, als ob sie seit Wochen nicht mehr gedumped haben: das sind die schwefeligen Ausdünstungen der Erdaktivitäten in der Gegend, der Geysire und heißen Quellen. Deren Ausdünstungen ziehen nun langsam durch jede Ritze im Camper.

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Nach den Glowworm Caves sind wir nun Nachmittags in Rotorua – der Stadt auf der aktiven Erdspalte mit Geysiren und heißen Quellen.

Da diese sehr schwefelhaltig sind, ist der Geruch natürlich etwas strenger. Dafür hat unsere Campingplatz einen eigenen Heiße-Quelle-Pool. Bevor wir uns zur Geysirbesichtigung gemacht haben, haben wir vorher noch die schwere Wahl eines Hongi-Veranstalters getroffen. Dabei handelt es sich um ein traditionelles Maori-Abendessen mit Kulturprogramm. Sprich Schuhplattlern in einer Schwarzwälder Fachwerkscheune m mit Lederhosen und Kuckucksuhren für Touristen – also wie hier eben tagtäglich gelebt wird 😉

Die Rundführung bei den Geysiren beginnt mit einer traditionellen Maori-Begrüßung (dazu später mehr) für die eben auch eingetroffene asiatische Reisegruppe. Danach hat uns unser Tourführer in einem leicht monoton gelangweilten Runtergeratter die traditionellen Häuser, Schnitzkunstwerke (in der eigenen Schnitzwerkstatt) sowie Flechtkünste (in der eigenen Flechtwerkstatt) „spannend“ erklärt. Dann ging es zum großen Geysir, der alle Stunde seine heißen Fontänen 15 Meter in die Luft schießt. Das Gebiet ist so aktiv, dass man sich den Hintern verbrennt, wenn man zu lange auf den Felsbrocken um den Geysir sitzt.

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Außerdem gibt es hier Lehm- und Schlammquellen, die gerne bei Spa-Anwendungen als Schlammpackung auf Grund ihrer guten Wirkung genutzt werden und daher eine feste Einnahmequelle ist.

Und hier haben wir nun endlich einen echten Kiwi gesehen – leider nicht in Freiheit, sondern in einem Kiwihaus, in dem Tag und Nacht gegenläufig ist, damit dieses flugunfähige Nationaltier auch von den Besuchern beobachtet werden kann. Und so standen wir sicherlich eine halbe Stunde im dunklen Raum vor der dicken Glasscheibe, um im Dämmerlicht diesen seltsam (sehr schnell) schreitenden Vogel fasziniert zu beobachten. Belohnt wurde unsere Geduld, als er den Hals lang gemacht hat, seinen Schnabel nach oben gestreckt und laut nach seinem Weibchen gerufen hat… sehr cool!

Abends wurden wir dann zum Hongi abgeholt. Diese touristische Attraktion soll neben einem leckeren Abendessen ein bisschen die Kultur und Bräuche der Maori erklären. Natürlich ist viel Show, aber so bekommt man als einfach Touri außerhalb der Museen wenigstens ein klein wenig mit!

Die Einleitung begann mit der Frage der Nationalitäten und wir waren überrascht, dass wir die einzigen beiden Deutschen in der Touristengruppe waren. Fast noch beeindruckender war, dass der Entertainer der Veranstaltung jede Nationalität mit ein paar landeseigenen Wörtern oder Sätze begrüßt hat. Nicht schlecht!

Das Essen wurde während unserer Führung in der Zwischenzeit in einem großen Erdloch mit Hilfe von heißen Steinen gegart. Es gab Lamm, Kalb und Hühnchen, sowie Süßkartoffeln, normale Kartoffeln und Gemüse, sowie Salate, die natürlich nicht im Erdloch waren.

Nach der Einfahrt der „Maori-Krieger“ in einem Waka (dem Kriegskanu), begann die traditionelle „Einladung“ – der Powhiri – der Maori an unseren „Häuptling“. Irgendein Penner meldet sich ja immer, um sich zum Affen zu machen und unser Penner heißt Tim.

Unser Häuptling nähert sich also dem Maori-Dorf und wird von einem Abgesandten empfangen, der erst mal mit einem Speer und wildem Herausforderungstanz – dem Wero – klar macht, dass der Fremde in friedlicher Absicht willkommen ist. Sollte er in Feindlicher kommen, dann zeigen ihm die Drohgebärden, was mit ihm passieren wird. Der Fremde drückt seine Absicht dadurch aus, ob er den angebotene Zweig als symbolischen Gegenstand der Wohlgesonnenheit aufhebt oder nicht. Ein Glück ist Tim nicht aus der Rolle gefallen und hat den Zweig aufgehoben. Aufatmen! Und nach dem zweimaligen traditionellen Maori-Gruß, dem Nasenkuss Hongi, waren wir willkommen.

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Die (leider nicht traditionell im Gesicht tätowierten sondern untraditionell im Gesicht geschminkten) Maori-Krieger und -Frauen führten uns dann verschiedene Gesänge und Tänze auf (auch den Kriegstanz Haka – sehr empfehlenswert mal „All Blacks“ und „Haka“ bei Youtube zu googeln). Bei den Tänzen wird mit Körpersprache nicht gegeizt, wie z.B. dem Herausstrecken der Zunge (Pukana), dramatisch aufgerissenen Augen oder dem Schlagen auf die Brust.

Bei den Tattoos im Gesicht handelt es sich beim Mann um vier Vögel – Fledermaus auf der Stirn, Schnabel des Papageis auf der Nase, Eule auf dem Kinn und Kiwi auf beiden Seiten des Gesichts. Die Frau hat dagegen nur die Eule auf dem Kinn.

Weiter wurden uns die diversen Waffen und Musikinstrumente erklärt sowie mit welchen Übungen die notwendige Geschicklichkeit und Fingerfertigkeit trainiert wird.

Auch haben wir erfahren, dass die Maori keinerlei Schriftzeichen kannten und daher alles nur mündlich überliefert wurde.

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Das Ganzen wurde aber doch locker und zum Teil sehr nett rübergebracht – allerdings manchmal auch etwas ins Lächerliche gezogen. So meinte der „Häuptling der Maori“, dass die Maori gerne auch die Vorteile des Westens in Ihre Kultur integriert hätten: wenn wir nachher unser Abendessen einnehmen würden, würden sie zu McDonalds gehen…

Bei uns blieb daher ein bisschen ein fahler Beigeschmack hängen. War halt doch nur eine Folkloreveranstaltung…

Aber das Essen war sehr lecker und wir konnten doch einige Dinge lernen. Insofern ein gelungener Abend mit ein paar schönen Einblicken.

Der „krönende“ Abschluss war der nächtliche Spaziergang zur Feenquelle – Te Puna tapu o Tuhoe. Hier gibt es die einzigen in Rotorua lebenden Glühwürmchen (hier also auch). Und mal wieder hat sich gezeigt, wie Lerndumm Menschen sind:

  • Wenn ich eine Person im Dunkeln fotografieren will, dann brauche ich einen Blitz.
  • Wenn ich ein Boot im Dunkeln fotografieren will, dann brauche ich einen Blitz.
  • Wenn ich Glühwürmchen im Dunkeln fotografieren will…

Und so blitzte es fröhlich um uns herum…

Ma te kaihanga kotou e tiaki e manaaki i roto i nga haeranga katoa – Lass den Schöpfer dich führen und beschützen auf all deinen Reisen.

PS: Bilder gibt es natürlich leider keine, sind mit Blitz nix geworden 😉

Tag 17 (12.05.2010) – Te Puke

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Erst wollten wir nicht so recht, haben uns dann aber doch glücklicherweise dazu entschieden die „360°-Kiwi-Tour“ in Te Puke mitzumachen. Denn wir befinden uns jetzt tatsächlich endlich auch in „Kiwi-Land“. Hier wird der Großteil der weltweit verkauften Kiwis angebaut, da dies vom Klima, Niederschlag und Boden der ideale Ort ist. Und da wir noch nie gesehen haben, wie und wo Kiwis wachsen (und es eine Schande gewesen wäre, ausgerechnet an der Anbaustätte des bekanntesten Neuseeland-Produkts vorbeizufahren), haben wir an der überdimensionalen Kiwi-Scheibe – die auch gleichzeitig eine Aussichtsplattform ist – angehalten und uns in die Geheimnisse der Kiwi-Plantagen einweihen lassen.

Nun und hätten wir vorher in unser Gutscheinheftchen geschaut, das es überall kostenlos gibt, hätten wir gesehen, dass wir mit einem „2 for 1“-Voucher (also zwei zum Preis von einem) reingekommen wären. So haben wir (mal wieder) regulären gezahlt und es hinterher erst festgestellt 🙁

Trotzdem hat sich die Tour absolut gelohnt! Wir wurden in einem etwas eigenwilligen Traktor mit Anhängern in Form von Kiwis über die Plantage gefahren und dabei per Band auf die ganzen Früchte hingewiesen, die hier wachsen. Unter anderem Mandarinen, Orangen und Avocados. Letztere wachsen an einem richtigen Baum… damit ist klar, dass unser zartes Avocadostämmchen daheim erst noch ein paar Jahre oder Jahrhunderte braucht, bis da mal eine Avocado dran hängt 🙂

Und natürlich gibt es hier die Kiwis, schon klar. Aber eben nicht nur die grüne Kiwi, die wir daheim aus dem Supermarkt kennen, sondern auch die goldene Kiwi (gelb) und Kiwi-Beeren (sehen aus wie Stachelbeeren). Daneben gibt es noch weitere knapp 150 Arten, die allerdings nicht angebaut werden. Das wir die gelbe / goldene Kiwi in Deutschland nicht sehen, hat einen einfach Grund: sie hält sich nicht so lange und ist daher für den ganzjährigen Export ungeeignet, im Gegensatz zur grünen Kiwi, die zwischen 10 und 12 Monate bei 4°C eingelagert werden kann. Daher gibt es bei uns unterjährig Kiwi, obwohl die Erntezeit zwischen Mai und Juli ist.

Und dann haben wir auch endlich Halt an den Kiwi-„Reben“ gemacht. Die sehen nämlich genauso aus wie Weinreben und wachsen horizontal auf Bauchhöhe (oder um es mal in Yvis Größe auszudrücken: in bequemer Stehhöhe) wie ein breiter Teppich.

Die „grüne Stachelbeere“ (wie die Kiwi genannt wird) kommt ursprünglich aus China, gedeiht hier aber hervorragend. Es gibt männliche und weibliche Kiwibäume und diese werden hier im Verhältnis 1:4 angepflanzt. Zur Befruchtung brauchen die Kiwianbauer jährlich 60.000 (!) Bienenstöck – das alleine ist schon eine eigene Industrie.

Die Kiwis hängen dann in großen Trauben an den Ästen und werden von allen möglichen Hilfsarbeitern (hauptsächlich Asiaten), Studenten und Rucksackreisenden geerntet. Dabei wird nach gepflückten Kiwis und nicht Stunden bezahlt. Die Plantagen haben in der Regel eigene Ferienwohnungen, die unterjährig an Touristen vermietet werden. Zur Erntezeit sind diese allerdings geschlossen, da in der Regel die Erntehelfer dort wohnen.

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Die Kiwi-Felder sind durch hohe „Baumhecken“ von einander abgetrennt, die als Windschutz dienen, da ansonsten die Kiwibäume  vom Wind umgedrückt werden.
Nachdem sie geerntet wurden, kommen die Kiwis zum Verpacken. Die Kiwis werden dabei vollautomatisch von einem Computersystem gewogen und vermessen, bekommen einen Aufkleber der Marke aufgedrückt und werden dann auf einem Förderband transportiert, wobei der Computer die Kiwi je nach Größe zu den jeweiligen Verpackern weiterleitet. Und wenn das Förderband mal läuft, dann ist Hektik in der Halle angesagt, denn das System ist sehr effizient und füllt innerhalb kürzester Zeit die Kisten auf den Europaletten. Wir waren jedenfalls verblüfft, wie schnell das ging und wie sich die Arbeiter beeilen mussten, um nicht von Kiwis überschwemmt zu werden.

Die Größe der Kiwis ist mit Nummern eingeteilt und je kleiner die Nummer dabei ist, desto größer ist die Kiwi. Nur die großen Kiwis kommen dabei in den Export. Die „Kleine“ werden dagegen in Neuseeland im Supermarkt als Massenprodukt verkauft: zu 99ct / Kilo!!! Das sind etwa 55 Eurocent! Pro Kilo!!! Wir zahlen ja z.T. schon 29ct pro Stück! Unser Guide meinte dazu nur lapidar: genießt Neuseeland und kauft hier viele Kiwis. Recht hat er!

Viele Grüße

shp-nz

PS: Im „Souvenir-Geschäftl“ gibt es natürlich u.a. auch so eigenwillige Produkte wie Kiwi-Wein… versucht es nicht!

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