Wir sitzen hier im Tongariro Nationalpark am frühen Morgen bei Kaiserwetter, während Dave – der AA-Techniker – versucht herauszubekommen, was mit unserem Campervan los ist. Dieser hatte sich nämlich gestern Abend spontan entschlossen den Geist aufzugeben – oder dies zumindest aus unserer Sicht über eine rotleuchtende Werkzeugwarnlampe angekündigt.
Und bevor wir der Vermieterfirma erklären müssen, wie denn unser Camper ohne Vorwarnung auf freier Strecke verreckt ist, haben wir in den sauren Apfel gebissen, die geplante eintägige Wandertour für den heute gestrichen und auf den Service von AA (dem neuseeländischen Pendant zum ADAC) zu warten.
In der Zwischenzeit beobachten wir einen hübschen Vogel, auf dessen sonstigem Fressrevier wohl stehen, denn er läuft neben, unter, vor und hinter dem Camper herum und pickt nach Würmern. Dabei lässt er sich von uns nicht stören und kommt auf Handnähe heran. Angesichts seines massiven Schnabels lassen wir aber lieber die Finger davon ihn anzufassen 🙂
09.05.2010 – Pinot Noir-Boutiquen in Martinborough
Von Wellington aus sind wir über eine Zwischenstation im leider nicht sehr freundlichen und idyllisch unter den Zuleitungen eines Umspannwerks gelegenen „Harcourt Holiday Park“ (in dem aber zur Ehrenrettung eine sehr putzige verschmuste Katze lebt) in die kleine, aber feine Weinboutique Martinborough gefahren, um den gepriesenen Pinot Noir zu verkosten. Hier steigen am Wochenende die reichen Wellingtoner für das Wochenende ab, was man gut an den vielen teuren und großen Luxuslimousinen sieht (hier stehen sehr viele deutsche Fabrikate herum). Lonely Planet sagt: „am Wochenende werden Gummistiefel gegen Gucci getauscht“ und damit haben sie gar nicht unrecht.
Allerdings sieht man auf der ganzen Fahrt nach Martinborough interessanterweise keine einzige Weinrebe – bis zum Ortsschild und dann plötzlich sind wie in einem Garten Weinfelder zu sehen. Und tatsächlich handelt es sich nicht um ein großes Weingebiet, sondern vielmehr um Weinboutiquen. Viele kleine Familienbetriebe ziehen hier ihre Weinreben hoch und manche verkaufen nur die Trauben und keltern gar nicht selbst.
Dies macht allerdings auch vor dem Erzeugnis nicht halt und so ist der Pinot Noir leider (zumindest bei der Auswahl, die wir mitgenommen und verkostet haben) zwischen teurem Mittelmaß und übler Plörre einzuordnen. Den Weißwein bekommen sie allerdings gut hin! Hier ist also – wie so oft bei einer teuren Mode – wieder eher die Phantasie also der gute Geschmack gefragt 🙂
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Nun, wir haben uns schleunigst über eine geniale „Abkürzung“ (eine z.T. einspurige Berg- und Talstraße – ein echter Spaß mit einem breiten Camper und Neuseeländern, die wie die Henker um die nicht einsehbare Kurve entgegen kommen) zur Westküste aufgemacht, um von dort gen Norden zu fahren. Immerhin war die Strecke neben fahrerischen Höchstleistungen mit sehr interessanten Briefkästen in allen möglichen Formen bestückt. Die Coolsten waren in Autoform, als Minihaus oder auch Campervan 🙂 |
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Unser Ziel ist der Tongariro Nationalpark, in dem drei beeindruckende Vulkane sind, von denen einer für den Schicksalsberg (Mt. Doom) in der „Herr der Ringe“-Verfilmung genommen wurde. Grund ist, dass dieser als einziger wie ein echter Vulkan aussieht.
Übrigens ist das nicht der Grund, dass wir dort hin sind, wie wir auch nicht die anderen Drehorte besucht haben – zumindest nicht beabsichtigt. Denn was bringt es mir, wenn wir an der Stelle stehen, wo Gandalf oder Frodo – oder vielmehr ihre Darsteller – bei den Dreharbeiten war, die Elfen und Hobbits aber fehlen? Dass Neuseeland eine grandiose und perfekte Kulisse für die Filme ist, steht außer Frage, wenn die Landschaft mal live gesehen hat. Aber die genialen Filme leben von der Illusion – da gehören für mich die Phantasiefiguren halt zur Phantasieumgebung 🙂
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Unterwegs haben wir einen Halt am endlosen Strand von Otaki gemacht. Das war schon sehr schön und einmal mehr ein Beweis für Neuseelands Naturschönheit – falls dieser noch benötigt wird.
Etwas eigentümlich fanden wir die Rentner, die auf dem Parkplatz im Auto saßen und gelesen haben… ??? Kostet das hier was, wenn man draußen sitzt oder daheim liest? Wahrscheinlich ist es ganz simpel: weil sie es können 🙂
Bevor wir im Tongariro Nationalpark angekommen sind, wurde es natürlich schon wieder dunkel und einmal mehr war zu sehen, dass die Neuseeländer kein Autofahrervolk sind: in einer unübersichtlichen Linkskurve (wir haben hier Linksverkehr; für die bessere Nachvollziehbarkeit der Situation wäre das in Deutschland also eine Rechtskurve) bei ziemlich Dunkelheit war ich überrascht, als das hinter mir fahrende Fahrzeug nicht mehr im Rückspiegel zu sehen war. Erschrocken war ich, als ich das Auto plötzlich neben mir im Überholmanöver bemerkt habe und in Panik bin ich geraten, als mein Unterbewusstsein den entgegenkommenden Truck wahrgenommen hat. Das gleiche ist wohl auch bei dem überholenden Fahrer und dem entgegen kommenden Trucker passiert, denn während ich reflexartig in die Eisen gestiegen bin, hat der Truck wohl das gleich getan und der Überholer ohne nachzudenken nach links reingezogen.
Das war wirklich sehr knapp und nicht nur uns haben die Knie geschlottert, denn sowohl wir, als auch der Autofahrer sind dann eine ganze Zeit lang deutlich langsamer weitergefahren.
Ja und kurz darauf hat dann die Werkstattlampe geleuchtet… ein Schelm, der Böses dabei denkt…
10.05.2010 – Mount Doom
{phocagallery view=category|categoryid=4|imageid=62} | In der sternenklaren, leider sehr sehr sehr sehr sehr… also Ihr versteht: einer wirklich kalten, um nicht zu sagen frostigen Nacht konnten wir immerhin mit bloßem Auge und trotz sehr heller Campingplatzbeleuchtung die Milchstraße sehen und unsere Sternenkarte zum Einsatz bringen. Die Entdeckungen waren einfach umwerfend! | {phocagallery view=category|categoryid=4|imageid=61} |
Nachdem Dave am nächsten Morgen erst die verschiedenen Flüssigkeitsbehälter überprüft hat, hat er schwerere Geschütze aufgefahren und das Steuergerätauslesegerät herausgezogen. Die Diagnose: das Fahrzeug muss mit seinen 183.000 km in die Werkstatt, aber nach Rücksprache mit Britz hat er die Servicenachricht abgestellt und wir sollten doch die letzten Tage bis Auckland einfach weiterfahren… na, ich ruf dort nochmal an, wenn da irgendwas leuchtet…
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Nachdem unser Tag damit quasi mehr oder weniger im Eimer war, sind wir zumindest noch auf einen kurzen 2-stündigen Wanderweg zu einem wunderbaren Wasserfall mit Ausblick auf die drei Vulkane gegangen. Wir haben zwar auf Grund diverser fotografischer Aktivitäten sowie hundertausender fotogener Motive etwas länger gebraucht, aber jeder Zwischenstopp für jede noch so kleine Pflanze, Insekt, Blatt, Wolke, Himmel, Wasser, Stein… ja, also wir haben den sonnigen Tag mit den tollen Ausblicken sehr genossen.
Unser nächster Zwischenstopp werden die „Glow Worm Caves“, die Glühwürmchenhöhlen in Waitomo sein.
Und hier noch ein „Hobbycamper-in-Neuseeland“-Tipp: wenn sich langsam ein unangenehmer Geruch aus fauligen Eiern in der Fahrerkabine breit macht, dann ist das nicht zwangsläufig eine neue Art des Motors auf verschlechternde Konditionen aufmerksam zu machen, sondern vielleicht ein voller Abwassertank, der schon Tage nicht mehr geleert wurde… um genau zu sein: 5 Tage, denn wir haben uns irgendwie mal verrechnet und so war es kein Wunder, dass es uns fast aus den Schuhen gehauen hat, als wir endlich „gedumped“ haben…
Viele Grüße
shp-nz