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Mein Weg ist das Ziel

11. Juni 2008 – Roncesvalles

Gut, ich wiederhole mich, aber mir tut alles weh. Zu Beginn dachte ich, ich bekaeme mit den Fuessen oder Knien Probleme (die halten bisher tapfer durch – toi toi toi), aber meine Problemzonen sind (das duerften die Maedels in anderem Zusammenhang kennen) die Hueften und (das eher nicht) die Schultern. Ich koennte Jammern, Stoehnen und Heulen. Himmel, mir tut wirklich alles weh.

Nun, heute morgen habe ich pauschal mal verschlafen und bin erst um 7:45 Uhr aufgewacht, obwohl ich den Wecker auf 7 Uhr gestellt hatte. Aber im Prinzip war das gut, denn so war das Gros bereits unterwegs und ich habe das Feld von hinten aufgeholt. Allerdings hat der Camino gleich zu Beginn eine unglaubliche Steigung und zwingt die Pilger so auf den ersten Kilometern / 2 Stunden 800 Hoehenmeter zu bewaeltigen (fuer alle Mathematiker unter uns: viel Spass beim Rechnen :-))

Es ging aber nach anfaenglichem Muskelkater erstaunlich gut und ich kam schnell voran. Allerdings haben mich nach 2 Stunden die beiden Schweizer Jungs mit Blinker Links ueberholt, wobei Hans noch vor seinem Kollegen gelaufen ist. Als letzterer erfahren hat, dass Hans bereits seit ca. 5 Minuten vorbei sei, hat er nur gegrummel „*grummel* *grummel*, so ein Arsch *grummel* *grummel*“… 😀 (vielleicht habe ich ihn auch falsch verstanden, witzig war es trotzdem)… Die beiden haben ein Tempo drauf, das ist nicht zu fassen. SIe waren auch schon nach 6 Stunden da, ich selbst habe 7 Stunden gebraucht und veranschlagt sind 8h – mensch bin ich gut!

Unterwegs bin ich haeufig fuer mich alleine gewesen, was in dem Bergpanorama (von dem allerdings die meiste Zeit nichts zu sehen war) wirklich herrlich ist. Gegen Gipfelnaehe hat es dann aber angefangen zu regnen, was an sich nicht wild war – bin es ja gewoehnt -, aber es war durch den Wind auch noch schweinekalt. Ein Glueck habe ich Flies und Regenjacke dabei!

Irgendwann habe ich die Grenze zu Spanien passiert, allerdings ist das nicht zu erkennen (allerhoechstens am stacheldrahtverkleidetem Wegweiser). Von da an war es auch noch matschig. Ein Glueck habe ich meinen neuen Pilgerstab, der ist wirklich Gold wert!

Bis zum Pass von Ibañeta – ueber den frueher die Truppen Napoleons marschiert sind, ging es noch weiter bergauf, allerdings nicht mehr so steil. Das war schon wirklich eine Erholung 😉 Die letzten 4,6 Kilometer waren allerdings anstrengend, denn da ging es stetig bergab. Das geht ordentlich auf die Knochen! Aber das Tor zu Roncesvalles zu durchqueren ist eine tolle Belohnung, fuer einen sehr anstregenden Tag. Und, wie schon gesagt, ich kann mich kaum noch bewegen. Ich werde mich heute Abend daher wohl mal wieder aus meiner rucksackeigenen Apotheke, die ich dank familiaerer Sorge und Moeglichkeit dabei habe, reichhaltig bedienen und nachher – nach Pilgermenue fuer 9 Euro (mal sehen, was es heute gibt) – ins Bett werfen und schlafen. Habe endlich Heizung zum Trocknen der Kleidung, das ist sonst wirklich ecklig, mit klammen Klamotten und in feuchte Stiefel zu steigen!

An dieser Stelle sei mal bemerkt: Ich habe vor meiner Reise einige Blogs zu Pilgerreisen begonnen zu lesen, dann aber schnell eingestellt, denn dort war durchgehend ein Rumgenoele wegen den Heerscharen an Hobbypilgern und diese Nordic Walker ueberall, man haette gar keinen freien Weg… Leute, die so rumjammern, das sind die eigentlichen „Schnabbels und Gerds“ (um mal Hape frei zu zitieren) dieses Weges. Typisch maulende Deutsche!

Ich kann das nicht bestaetigen. Gut, wenn man natuerlich zu den Hauptmonaten (Mai (300 Pilger am Tag), Juli und August (700 Pilger am Tag)) und im Tross startet, braucht man sich natuerlich nicht wundern, dass ueberall Pilger sind. Aber geht man etwas azyklisch, ist das alles kein Problem. Ich bin weite Teile alleine gelaufen. Gut, nun sind aktuell durch den Streik tatsaechlich „nur“ 150 Pilger am Tag unterwegs, aber dann muss ich mich halt anpassen. Und wenn mir jemand auf den Nerv geht, dann lasse ich ihn eben vor oder ziehe an ihm vorbei. Und dieses Geschwaetz ueber Hobbypilger! Als ob wir alle was anderes waeren. Also ich gehe nicht jedes Jahr im Buesergewand zur Selbstgeiselung! Also bin ich auch nur Hobbypilger (und will es dabei auch belassen!).

Aber, um auch mal in die Kerbe zu hauen ;-): Ich bin einem nordic-walkenden Ehepaar begegnet. Sehr anstrengend! Er der eher ruhigere Typ, der sich an allem erfreut und sie diejenige, die den Ton angibt. Spanisch sprechen? Nein, sie spricht lieber gleich in Deutsch mit einem spanischen Wirt, um sich dann aufzuregen, dass nicht alles sofort zu ihrer vollsten Zufriedenheit erfuellt wird. Aber: „Heute koennen wir uns mal so ein Zimmer leisten, gell“… Himmel, hier laufen Typen rum…

Uebrigens bin ich der alte Hase hier: Denn ich bin ja schon einen Tag gelaufen, was bei sehr vielen zu bewundernden Ausrufen fuehrt und ich nach meinen (reichhaltigen) Erfahrungen gefragt werde. Naja, kurzer Triumph, denn ab morgen haben alle anderen den „ersten Tag“ auch hinter sich 🙂

Daher mein Motto des Tages: Auch ein alter Hase hat Probleme!

Bis dahin viele Gruesse von mir

shp-jakobsweg

[googleMap name=“Roncesvalles“ width=“500″ height=“300″ directions_to=“false“]Roncesvalles, Spain[/googleMap]Â

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